Foto von Judith Schalansky: Jürgen Bauer
Nicht nur Gletscher verschwinden unter der Sonne! Die Weltgeschichte ist voller Dinge, die verloren sind – und die doch Überreste und Zeichen in der Gegenwart hinterlassen. In ihrem neuen Erzählband, „Verzeichnis einiger Verluste“ (2018), sucht Judith Schalansky nach diesen verwischten Spuren, verhallten Echos, Gerüchten und Legenden, Auslassungszeichen und Phantomschmerzen. Die Spurensuche folgt nicht nur verlorengegangenen Natur- und Kunstgegenständen weit vergangener Zeiten, deren in den Erzählungen heraufbeschworene Erinnerung phantastisch erscheint. Auf die Suche geht die Schriftstellerin Schalansky auch nach den Leerstellen ihrer eigenen Kindheit. Sie lässt ihre persönliche Geschichten zu einer Auseinandersetzung mit Geschichtslosigkeit der DDR und ihr Buch zu einem hoffnungsvollen Plädoyer für die erinnernde Kraft der Literatur werden. Schalanskys Erinnerung ist weder nostalgisch noch rühmt sie die Vergangenheit. Ihre Erinnerung ist ein Gegenvorschlag zu all den derzeit grassierenden Untergangsszenarien und gedanklichen Fluchten in angeblich bessere frühere Zeiten – und genau darin auch ein Buch für unsere politische Gegenwart.
Schalansky begann ihre publizistische Tätigkeit 2006 mit dem typografischen Kompendium Fraktur „mon Amour“, zwei Jahre später folgte ihr literarisches Debüt „Blau steht dir nicht“. Als Typografin gestaltet sie ihre Belletristik, die ihr regelmäßig Designpreise einbringt, selbst. So wurde sowohl ihr „Atlas der abgelegenen Inseln“ als auch ihr zwei Jahre später erschienener Roman „Der Hals der Giraffe“ mit dem 1. Preis der Stiftung Buchkunst bedacht. Schalanskys Bücher sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Seit dem Frühjahr 2013 gibt sie bei Matthes & Seitz Berlin die Buchreihe „Naturkunden“ heraus. Als „Grenzgängerin zwischen Natur und Poesie, zwischen Wissenswelten und Phantasiereichen, zwischen Zählen und Erzählen“ erhält sie den diesjährigen Wilhelm-Raabe-Literaturpreis.
Moderation: Jeanne Bindernagel, Deutsches Hygiene-Museum
„Verzeichnis einiger Verluste“. Eine Sonntagsmatinee mit Judith Schalansky | Deutsches Hygiene-Museum, Großer Saal | 11. November | Sonntag | 11 Uhr | Eintritt: 10 Euro / ermäßigt 6 Euro | Karten im Vorverkauf